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Chakras
sind Bewußtseins- oder Energiezentren (Energietransformatoren)
(Govinda)
Während nach westlicher Anschauung das Gehirn der ausschließliche Sitz des Bewußtseins ist, erweist die yogische Erfahrung, daß unser „Hirnbewußtsein“ nur ein Sonderfall unter einer Anzahl möglicher Bewußtseinsformen ist, und daß diese je nach ihrer Funktion und ihrer Natur in verschiedenen Organen des Körpers lokalisiert oder konzentriert werden können. Diese auf der Vertikalachse des Körpers liegenden „Organe“, welche die durchströmende Energie sammeln, transformieren und verteilen, werden als „Chakras“ oder Kraftzentren bezeichnet, von denen strahlenförmig, den Speichen eines Rades oder den Rippen eines Schirmes, oder den Blütenblättern eines Lotos (padma) vergleichbar, zahlreiche sekundäre Ströme psychischer Kraft ausgehen oder in das Zentrum zurückführen.
Diese Chakras sind in anderen Worten Punkte, in denen Seelisches und Körperliches ineinander übergehen, einander durchdringen. Sie sind die Punkte, in denen das Seelische sich zum Körperlichen kristallisiert und in denen das Körperliche sich wiederum in Seelisches auflöst, oder richtiger zurückverwandelt. Wir haben also ein zweites (unsichtbares) Nervensystem, ein feinstoffliches Energiesystem.
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I. Muladhara-Chakra Plexus Pelvis
Sakralplexus. Das Wurzelzentrum. Es beherrscht die äußeren Fortpflanzungsorgane. Es wird als ein vierblättriger Lotos mit vier Keimsilben dargestellt, dessen Fruchtboden ein gelbes Quadrat mit der Keimsilbe LAM als Symbol des Erdelementes enthält. Innerhalb des Quadrates ist ein auf die Spitze gestelltes Dreieck, innerhalb dessen die latente Urkraft durch die um den Lingam gewundene Schlange (Kundalini) dargestellt wird. Als Tiersymbol ist ihm Indras Elefant Airavati mit sieben Rüsseln zugeordnet.
(Niels Kampmann Verlag, Heidelberg:
„Das Fortpflanzungssystem drückt das Verlangen nach Dauer des Bewußtseins aus. Dem Durchschnittsmenschen erfüllt dies Verlangen sein Weiterleben in seinen Kindern.
Aber auf einer höheren Entwicklungsstufe wird seine physische Energie zum Teil in seelische umgewandelt, die für sich eine entsprechende Ausdrucksform findet, und mit dieser zwiefachen Erfüllung begnügt sich die Mehrzahl.
Aber einer wachsenden Menge wird es heute klar, daß dieses System der Wiedererzeugung die Kraft andeutet, den letzten oder Geistmenschen hervorzubringen, und daß Körper und Seele nur der Stoff sind, aus dem durch Wandlung die übermenschliche Stufe hervorgehen wird.
In den Upanischaden heißt es: „Geist und Stoff und Maya (die Macht, die Geist und Stoff vereint) sind nichts anderes als drei Aspekte des Brahmans, der einen Wirklichkeit.“
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II. Svadhisthana-Chakra Plexus hypogastricus
Dieses Zentrum beherrscht die inneren Organe der Ausscheidung und der Fortpflanzung. Es wird durch einen sechsblättrigen Lotos mit sechs Keimsilben dargestellt, dessen Fruchtboden einen weißen Halbkreis, bzw. eine weiße Mondsichel mit der Hauptkeimsilbe VAM als Symbol des Wasserelementes enthält. Als Tiersymbol ist ihm das Krokodil zugeordnet.
(In tibetischen Meditationssystemen sind die beiden untersten sowie die beiden obersten Zentren zu einem Zentrum verschmolzen. Das Svadhisthana-cakra wird als dem Muladhara-cakra zugehörig betrachtet.)
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III. Manipura-Chakra Plexus epigastricus
Solarplexus, Ernährungssystem. Dieses Zentrum repräsentiert die Kräfte der Verwandlung im physischen wie im psychischen Sinne (Verdauung, Assimilation, Überführung anorganischer in organische Stoffe, sowohl wie Verwandlung organischer Stoffe in psychische Energien, etc.), die negative Seite des Ernährungssystems (wie die der Zersetzung, Auflösung und Scheidung der Nahrungsstoffe in aufzunehmende, assimilierbare, und auszustoßende, unassimilierbare Substanzen). Es wird als zehnblättriger Lotos mit 10 Keimsilben dargestellt. Sein Fruchtboden enthält ein rotes, auf die Spitze gestelltes Dreieck mit der Keimsilbe RAM als Symbol des Feuerelementes. Sein Tiersymbol ist der Widder.
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IV. Anahata-Chakra Plexus cardiacus
Das Herzzentrum reguliert und beherrscht die Atmungsorgane ebenso wie das Herz. Es ist ein zwölfblättriger Lotos mit 12 Keimsilben, dessen Fruchtboden ein rauchfarbenes (grau-blaues) Hexagramm mit der Keimsilbe YAM als Symbol des Luft– oder Windelementes. Sein wesentliches Charakteristikum ist die Bewegung, weshalb die Gazelle, der Inbegriff der Schnelligkeit, ihm als Vehikel zugeordnet ist.
Diese vier Zentren stellen die vier grobstofflichen Elemente dar und in ihnen sind sämtliche Konsonanten des Sanskrit-Alphabetes enthalten.
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V. Visuddha-Chakra Plexus cervicus
Das Kehlzentrum, aus dem die Sprache und die Macht des mantrischen Lautes geboren wird, enthält sämtliche im Sanskrit gebräuchlichen Vokale auf sechzehn Blütenblättern und ist dem feinstofflichen Element des Raumäthers Akasha, dem Medium der Vibration zugeordnet. Seine zentrale Keimsilbe ist HAM. Sie wird auf einem weißen Tropfen oder einer weißen kreisförmigen Scheibe innerhalb eines auf die Spitze gestellten Dreiecks vorgestellt und wird getragen von einem weißen Elefanten mit sechs Stoßzähnen.
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VI. Ajna-Chakra Medulla oblongata
Das zwischen den Augenbrauen liegende Stirnzentrum Ajna gehört dem Bereich des Tausendblättrigen Lotos an, besitzt nur zwei Blütenblätter und als Hauptkeimsilbe das kurze oder halbe A. Es stellt den Mittelpunkt dar, in dem die verschiedenen Pranaströme zusammentreffen und von wo aus sie verteilt werden. Der Kanal der Susumna geht hiervon aus, und Ida und Pingala gehen hindurch, nachdem sie die Abzweigung zu den Nasenlöchern gebildet haben.
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VII. Sahasrara-Chakra Zirbeldrüse vom Großhirn
Das Scheitelzentrum, der Tausendblättrige Lotos (sahasrara-padma) hat OM zur Keimsilbe, während seine Blütenblätter die unendliche Vielfalt und Summe aller Keimsilben und Cakras darstellen. Aus diesem Grunde wird der Tausendblättrige Lotos als den übrigen sechs Zentren übergeordnet betrachtet und der Ausdruck Chakra in engerem Sinne nur auf sie angewandt: daher der Titel des den Kundalini Yoga behandelnden Werkes, auf dem Arthur Avalons fundamentales Werk „The Six Centres and the Serpent Power“ aufgebaut ist.
(In tibetischen Meditationssystemen sind die beiden untersten sowie die beiden obersten Zentren zu einem Zentrum verschmolzen. Das Ajna-Chakra wird als dem Sahasrara-Chakra zugehörig betrachtet.)
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Die Struktur der Kanäle im Körper
(S.H., der 14. Dalai Lama)
Im Körper gibt es mindestens zweiundsiebzigtausend Kanäle (Arterien, Venen, Leitungen, Nerven, manifeste und nichtmanifeste Bahnen und Wege), die sich gleich nach der Empfängnis von der Stelle aus entwickeln, die später das Herz bilden wird. Die drei wichtigsten Kanäle verlaufen von dem Punkt zwischen den Augenbrauen zur Krone des Kopfes, dann vorne an der Wirbelsäule entlang bis zum unteren Ende der Wirbelsäule und reichen schließlich bis zur Spitze des Sexualorgans. Diese Beschreibung ist ein Mittel, um den zentralen, rechten und linken Kanal in der Meditation zu visualisieren und weicht etwas davon ab, wo sich die Kanäle tatsächlich befinden. Es ist jedoch sehr wirksam, sich die Kanäle in dieser idealen Form vorzustellen, um die subtileren Ebenen des Geistes hervorzurufen. Manchmal weisen körperliche Beschreibungen wie diese lediglich auf die Konzentrationspunkte hin, die während der Meditation genutzt werden.
An entscheidenden Stellen in diesen drei Kanälen befinden sich sieben Kanalräder, oder Chakren, mit unterschiedlicher Anzahl von Radspeichen, oder blütenblättrigen Verzweigungen:
Das Chakra der großen Glückseligkeit befindet sich in der Krone des Kopfes und hat zweiunddreißig blütenblättrige Verzweigungen. Es wird das Chakra der großen Glückseligkeit genannt, da sich in seinem Zentrum der Tropfen der weißen essentiellen körperlichen Flüssigkeit befindet, der die Grundlage für Glückseligkeit ist.
Das Chakra zwischen den Augenbrauen hat sechzehn blütenblättrige Verzweigungen.
Das Chakra des Genußes findet sich in der Mitte der Kehle und hat sechzehn blütenblättrige Verzweigungen. Es wird das Chakra des Genußes genannt, da hier die Geschmäcker erfahren werden.
Das Chakra der Phänomene ist im Herzen lokalisiert, mit acht blütenblättrigen Verzweigungen. Es wird das Chakra der Phänomene genannt, da dies der Ort ist, an dem sich der sehr subtile Wind und Geist befinden, die ihrerseits die Wurzel aller Phänomene sind.
Das Chakra der Emanation befindet sich am Solarplexus mit vierundsechzig blütenblättrigen Verzweigungen. Es wird das Chakra der Emanation genannt, da es der Ort des inneren Feuers ist, das durch Yogaübungen und durch Methoden zum Entwickeln großer Glückseligkeit entzündet wird.
Das Chakra der Aufrechterhaltung der Glückseligkeit befindet sich am unteren Ende der Wirbelsäule mit zweiunddreißig blütenblättrigen Verzweigungen. Es wird das Chakra der Aufrechterhaltung der Glückseligkeit genannt, da die tiefste Ebene der Glückseligkeit vom unteren Ende der Wirbelsäule aufrechterhalten wird.
Das Chakra im Zentrum des Juwels (der Spitze des Sexualorgans) hat sechzehn blütenblättrige Verzweigungen.
Am Herzen winden sich der rechte und der linke Kanal dreimal um den Zentralkanal (dabei windet sich jeder Kanal auch um sich selbst) und setzen sich dann nach unten fort. Das hat eine sechsfache Einschnürung am Herzen zur Folge, die das Durchfließen des Windes im Zentralkanal verhindert. Da diese Einschnürung sehr schwerwiegend ist, ist das Herz ein gefährlicher Fokus für die Meditation. Sie könnte zu einem Nervenzusammenbruch führen, wenn nicht die richtigen Meditationstechniken angewandt werden.
An jedem dieser Chakren oder Zentren (Augenbrauen, die Krone des Kopfes, Kehle, Herz, Solarplexus, das untere Ende der Wirbelsäule und die Spitze des Sexualorgans) schlingen sich der rechte und linke Kanal jeweils einmal um den Zentralkanal (dabei windet sich jeder Kanal auch um sich selbst) und formen so zwei Einschnürungen. Der rechte und der linke Kanal werden durch den Wind aufgebläht und engen den Zentralkanal ein, so daß sich der Wind dort nicht bewegen kann. Diese Einschnürungen werden „Knoten“ genannt. Noch einmal: Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, daß Zeichnungen und Beschreibungen der Struktur der Kanäle und der Chakren für die Übung gedacht sind. Es sind nicht notwendigerweise Beschreibungen ihrer tatsächlichen Form oder Lage, die von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein können.
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